Susan M. Johnson (1947–2024) war nicht nur eine der einflussreichsten Psychotherapeutinnen unserer Zeit, sondern eine Frau, die den Mut hatte, das Herz ins Zentrum der Wissenschaft zu stellen.


Ein Leben für Verbindung

Geboren 1947 in Chatham, England, wuchs Sue als Tochter einer Lehrerin und eines Militärarztes auf.
Schon früh faszinierte sie, wie Menschen Nähe suchen, sich verlieren und wiederfinden.

Sie studierte zunächst Literatur, bevor sie sich der Psychologie zuwandte – eine Verbindung, die ihren späteren Stil prägte: wissenschaftlich klar, poetisch und zutiefst menschlich.

Nach ihrem Umzug nach Kanada promovierte sie an der University of British Columbia und begann, mit Paaren zu arbeiten – in einer Zeit, in der Liebe in der Psychotherapie kaum ein Thema war.
Sie stellte die einfache, aber revolutionäre Frage:

„Warum sprechen wir in der Paartherapie so selten über Liebe?“


Die Entstehung der Emotionsfokussierten Therapie (EFT)

In den 1980er-Jahren begann Sue, gemeinsam mit Les Greenberg, emotionale Prozesse in Paarsitzungen genau zu erforschen.
Sie beobachteten, wie Paare sich in Momenten tiefer Verletzlichkeit verändern – nicht durch Argumente, sondern durch geteiltes emotionales Erleben.

Aus diesen Beobachtungen entstand Emotionally Focused Therapy (EFT):
Ein Ansatz, der zeigt, dass Liebe kein Rätsel, sondern eine Bindungsdynamik ist – und dass Heilung geschieht, wenn Menschen einander emotional erreichen.

„Menschen brauchen sichere Bindung so dringend wie Luft zum Atmen.“
Sue Johnson


Therapeutin, Forscherin, Lehrerin

Sue verband klinische Wärme mit wissenschaftlicher Präzision.
Sie war zugleich Forscherin, Lehrerin und Geschichtenerzählerin – direkt, humorvoll, tief berührend.

Sie machte Bindungstheorie praktisch erfahrbar, übersetzte sie in klare Modelle und in eine Sprache, die Herzen erreicht.
In Büchern wie Hold Me Tight und Love Sense zeigte sie, dass Liebe keine Schwäche ist, sondern die stärkste Kraft, die uns formt.


Das Persönliche im Fachlichen

Sue sprach offen darüber, wie ihr eigenes Leben ihre Arbeit prägte – über Ehe, Verletzlichkeit, Trennung und Versöhnung.
Sie sagte:

„Ich musste immer wieder zu den Emotionen zurückkehren, um mich selbst zu finden.“

Der Tango war ihre Lieblingsmetapher:
Zwei Menschen in Bewegung, geführt von emotionaler Resonanz – Nähe, Abstand, Wiederfinden.

„Love is a dance of emotional attunement.“


Lehre und Vermächtnis

Mit der Gründung des International Centre for Excellence in Emotionally Focused Therapy (ICEEFT) in Ottawa schuf Sue ein weltweites Netzwerk, das heute in über 40 Ländern aktiv ist.
Sie inspirierte unzählige Therapeut:innen, ihre eigene Menschlichkeit als Werkzeug der Heilung zu verstehen.

Ihr Vermächtnis ist nicht nur eine Methode, sondern eine Haltung:
Liebe ist Mut. Verbindung ist Heilung.

„The greatest gift you can give another person
is the courage to reach for connection.“
Sue Johnson

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert